die nachprüfbare Geschichte des Tarot ist eher kurz, für viele verblüffend kurz. Die Spuren der Karten verlieren sich im 14. Jahrhundert. Über die Zeit zuvor gibt es zahlreiche Ursprungslegende, jedoch keinerlei Belege. Erste Erwähnung finden Karten im 14. Jahrhundert. Am 25. Mai 1377 verbot der Magistrat der Stadt Florenz ein Kartenspiel namens "naibbe". Dieses Wort für Spielkarten hat sich als Naipes bis heute im spanischen erhalten. Eine erste ausführlichere Beschreibung verdanken wir Bruder Johannes, einem Dominikanermönch aus Rheinfelden bei Basel. In seinem Tractatus de moribus et disciplina humanae conversationis, der heute im Besitz des Britischen Museums in London ist, schreibt er unter anderem "Anno Domini 1374 kam ein Spiel zu uns, das eine Kartenspiel genannt wird, und das in wunderbarer Weise den Zustand dieser Welt beschreibt. Doch woher es stammt, wer es erfunden hat und was damit tut, entzieht sich meiner Kenntnis." Im weiteren beschreibt er ein Vierfarbenspiel mit jeweils 10 Zahlenkarten, Königen und anderen Hofkarten.
1939 wurde im Topkapi Museum von Istanbul ein Kartenspiel entdeckt, das aus dem 14. Jahrhundert stammt und heute als Vorläufer unserer Spielkarten gilt. Es bestand ursprünglich aus 52 Karten, die sich in vier Sätze gliederten, in Schwerter, Stäbe, Kelche und Münzen. Jeder Satz bestand aus zehn Zahlenkarten und drei Hofkarten, einem Malik (König), einem Naib Malik (stellvertretende König) und dem Thani Naib (Stellvertreter des Stellvertreters). Vermutlich ist "Naibbe", der frühe Name der Karten aus diesen Bezeichnungen hervorgegangen. Es scheint, dass sie von den Mameluken stammen, die seit Mitte des 13. Jahrhunderts in Syrien und Ägypten herrschten.
Nachdem Karten - vermutlich aus dieser Quelle - nach Europa gelangt waren, verbreiteten sie sich in Windeseile, so dass sie am Ende des 14. Jahrhunderts in den meisten der damals namhaften Städte Europas bekannt waren. Diese Erkenntnisse verdanken wir dem Schicksal, das Karten von früh an beschieden war: Sie wurden vielerorts verboten, und diese Verbote trug man in die Amtsregister ein. Nach allem, was wir heute wissen, handelte es sich dabei jedoch stets um Spielkarten. Spuren, die auf Wahrsagekarten oder auf Tarot hinweisen, gibt es nicht.
Die ersten uns bekannten Kartensätze, die in Umfang und Aufbau den heutigen Tarotkarten entsprechen, wurden im typischen Stil der Renaissance im 15. Jahrhundert für italienische Fürsten gemalt und hießen einfach "die Trümpfe" (ital. i trionfi). Dieser frühe Name hat wiederholt zu der Vermutung geführt, dass die Motive der 22 Trumpfkarten, den Triumphzügen entnommen sind, die man damals gern an Fürstenhöfen aufführen ließ. Auch Francesco Petracas Gedicht "die Triumphe" wird in diesem Zusammenhang erwähnt, allerdings ohne dass daraus eindeutige Entsprechungen hergeleitet werden konnten.
Fast komplett erhalten sind die um 1430 entstandenen Karten des Visconti Sforza Tarot, der heute als ältester Tarot gilt, obwohl dieses Wort damals noch nicht bekannt war. Welchen Aufbau die Trumpfkarten hatten, wissen wir nicht. Sie tragen weder Namen noch Ziffern, wohl aus dem einfachen Grund, dass damals die allerwenigsten Menschen Lesen und Schreiben konnten. Die heutige Reihenfolge der Trumpfkarten findet sich erstmals in einem Tarot aus Lyon von Catelin Geofroy aus dem Jahre 1557. Etwa in dieser Zeit taucht auch erstmals der Name Tarot auf.
Die Karten, deren Motive, Namen und Struktur inzwischen als klassisch gelten, nennt man den Tarot von Marseille. Sie haben ihre Wurzeln im 15. Und 16. Jahrhundert, fanden Ihre heutige Form aber erst in der Mitte des 18. Jahrhundert. Bis dahin scheint es sich, nach allem, was wir wissen, um ein reines Unterhaltungsspiel gehandelt zu haben. Von einer hintergründigeren Bedeutung der Karten, gibt es bis zu diesem Zeitpunkt keine Spur.
Erst 1781 beginnt die belegbare Geschichte des esoterischen Tarots. Damals sah Antoine Court de Gébelin Tarotkarten in einem Pariser Salon und erkannte er darin spontan und ohne jeden Zweifel ihren ägyptischen Ursprung. Auf ihn gehen seither drei aus der Tarotwelt nicht mehr wegzudenkenden Vermutungen zurück, von denen wir inzwischen mit großer Sicherheit wissen, dass sie nicht stimmen:
Tarot ist ein altägyptisches Weisheitsbuch. Die Karten wurden von den Zigeunern nach Europa gebracht. Die 22 Arkana">Großen Arkana bringen bildhaft Bedeutung und Symbolik der 22 Hebräischen Buchstaben zum Ausdruck. Die erste systematische Zuordnung der 22 Karten der Arkana">Großen Arkana zu den 22 Buchstaben des Hebräischen Alphabets findet sich in einem Artikel des Comte de Mellet, den Gébelin in seinem umfangreichen Werk "Le monde primitif" veröffentlichte.
Etteilla griff das Gedankengut von Gébelin auf und veröffentlichte die ersten Deutungsregeln für Tarotkarten. 1789 gab er seine eigenen Karten heraus, die als der Grand Etteilla bekannt wurden.
Im 19. Jahrhundert kam Eliphas Lévi zu einer Verknüpfung von Tarot und Kabbala, die der des Comte de Mellet entgegengesetzt war. Paul Christian führte die Bezeichnung Arkanum/Arkana ein.
1889 erschien der erste esoterische Tarot. Es waren die 22 Karten der Arkana">Großen Arkana, die Oswald Wirth nach den Vorlagen des Tarots von Marseille und ergänzt um die Lehren seines Meisters, des Barons Stanislas de Guaïta neu gestaltete. Sie zeigten erstmals die Hebräischen Buchstaben, die ihnen nach seiner Zuordnung als kabbalistische Entsprechung zukam.
Mit Papus ging die französische Schule des Tarot zu Ende. Das Zentrum der Recherchen und Aktivitäten verlagerte sich nach England, wo 1885 der Orden der Goldenen Morgenröte gegründet wurde, in dem man sich vor allem mit Tarot befasste. Arthur Edward Waite und Aleister Crowley, denen wir die heute bekanntesten Tarotdecks verdanken, waren zeitweise Mitglieder dieses Ordens.
Um den Jahreswechsel 1909/1910 erscheint der bis heute populärste Tarot, in dem erstmals alle Karten illustriert sind. Es sind die von Arthur Edward Waite konzipierten und von Pamela Colman Smith gemalten Karten des Rider-Tarots. Als Vorbilder dienten dabei offenkundig Karten aus dem späten 15. Jahrhundert stammenden Karten, die heute als Sola Busca bekannt sind.
1944 erscheinen die symbolreichen und bedeutungstiefen Tarotkarten von Aleister Crowley unter dem Namen das Thoth">Buch Thoth. Gemalt wurden sie von Lady Frieda Harris.
In den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erlangt Tarot eine noch nie dagewesene Popularität, die es auch mit sich bringt, dass eine inzwischen unüberschaubare Fülle an neugestalteten Tarotdecks erscheint.
In den 90er Jahren vollendete Niki de Saint Phalle ihren Tarotgarten in der Toscana eröffnet mit diesem großartigen, künstlerischen Beitrag weitere faszinierende Einblicke in die tiefe Symbolik der Arkana">Großen Arkana. |